ein Kommentar von Marcus Lemli, Leiter Leasing & Capital Markets Jones Lang LaSalle Deutschland zum Vermietungsmarkt
Ein überraschend hohes Wirtschaftswachstum hat in Deutschland zu einer deutlichen Expansion auf den Vermietungsmärkten und einer entsprechenden Zunahme der Flächennachfragen geführt. Erste Anzeichen, dass sich Nutzer auf die sich verändernden Vorzeichen der wirtschaftlichen Entwicklung einzustellen beginnen, zeigen sich am Finanzplatz London. In der dortigen City gibt es erste Entlassungen mit Auswirkungen auf die Flächennachfrage. Eine erste Abschwächung der Nachfrage stellen wir in Deutschland derzeit insbesondere bei Export- und Logistikunternehmen fest: Anmietungsentscheidungen verzögern sich, Flächengesuche bzw. Flächenrestrukturierungs-Projekte werden on hold gestellt.
Flexibilität und Flächeneffizienz – beide Themen bestimmen das Nutzerverhalten bei der Flächennachfrage bereits seit geraumer Zeit. Mehr Arbeitsplätze auf der gleichen Fläche – gleich Flächeneffizienz – geht einher mit flexibilisierten Organisationsformen, einem technologisch modernerem Arbeitsumfeld, offeneren Kommunikationsformen sowie flexiblen Arbeitsweisen. Flächeneffizienz ist also nicht nur eine Folge von Kostenreduktionen, sondern geht zurück auf die technologisch bedingte Modernisierung von Organisations- und Kommunikationsformen in den Unternehmen.
In einem volatilen Umfeld sind die Nutzer naturgemäß an möglichst flexiblen Mietverträgen interessiert: Verkürzte Laufzeiten, Break Options, Möglichkeiten, Teile von Flächen zurückzugeben bzw. bei Expansion hinzumieten zu können. Diese Flexibilitätserwartung der Nutzer bei der Gestaltung von Mietverträgen stellt Investoren und Entwickler vor Herausforderungen bei der Finanzierung von Projekten bzw. führt zu Preisabschlägen bei Ankaufspreisen.
Der fliegende Wechsel von Boom zur Krise und von der Krise zum Boom erhöht den Druck auf die Unternehmen, alle strategischen Optionsfaktoren zu optimieren – und dazu gehört fraglos auch die Nutzung der Flächen. Eine weiter zunehmende Flexibilisierung und Fokussierung der Flächennachfrage ist demzufolge zu erwarten. Es wird stärker darauf geachtet werden, ausschließlich Top-Flächen anzumieten, bei extremer Flexibilität und extrem günstig. Im Blick auf das Flächenangebot bedeutet das, dass es Gewinner und Verlierer geben wird. Gewinnen werden die Flächen bzw. Flächenanbieter, die ein klar fokussiertes Flächenprofil anbieten können: besondere Qualität, besonders flexibel, besonders günstig.