Wie werden wir in Zukunft arbeiten?

Das Ergebnis der Studie „Engagement Index 2013“ des Beratungsunternehmens Gallup zeigt: Emotionale Mitarbeiterbindung ist der beste Schutz gegen Fluktuation. Die Generation Y fordert zugleich mehr Zeit und Flexibilität für ihr Privatleben. Ein Widerspruch?

Rund 67 % der deutschen Arbeitnehmer leisten Dienst nach Vorschrift und 17 % haben bereits innerlich gekündigt. Dem gegenüber stehen gerade mal 16 % die sich ihrem Arbeitgeber stark verbunden fühlen. Das geht aus den Daten hervor, die Gallup Ende letzten Monats veröffentlicht hat. Dabei wirkt „Emotionale Mitarbeiterbindung als eine Art Schutzimpfung gegen Abwanderung und bietet den Unternehmen Sicherheit in ihrer Personal- und Kostenplanung“, erklärt Marco Nink, Senior Practice Consultant bei Gallup. 

Unmotivierte Mitarbeiter verursachen hohe Kosten

Die Folgen ungewollter Fluktuation sind schwerwiegend: Sie reichen vom Aufwand für Neuausschreibung, Auswahlverfahren und Einarbeitung bis hin zum Know-how-Verlust und Kundenabwanderung durch häufige Wechsel, berichtet Gallup in der Studie. Demotivierte  Mitarbeiter verursachen ebenfalls hohe Kosten. Marco Nink schätzt sie auf über hundert Milliarden Euro. Der Schaden drückt sich unterschiedlich aus: in höheren Fehlzeiten, lustlosem Auftreten gegenüber Kunden, geringerer Sorgfalt und mangelnder Initiative. Wie die ZEIT berichtet, harren jedoch gerade demotivierte Mitarbeiter bei ihren Firmen aus – oft des Geldes wegen. Doch was ist die Ursache der geringen emotionalen Mitarbeiterbindung? Laut Gallup lässt sie sich in der Regel auf Defizite in der Personalführung zurückführen. Anfänglich hoch motivierte Arbeitnehmer werden zunehmend desillusioniert und verabschieden sich innerlich irgendwann ganz aus dem Unternehmen. Schuld daran sei fast immer der direkte Vorgesetzte, so Gallup. Doch wie die ZEIT berichtet, sind es auch die Arbeitnehmer, die ihren Job oft mit Ansprüchen überfrachten: „Die Arbeit soll Sinn stiften, Glück verheißen und der eigenen Persönlichkeit Bedeutung verleihen.“

Arbeit im Wandel

Die Generation Y stellt die Arbeitgeber vor neuen Herausforderungen. Zur Generation Y gehören die zwischen 1980 und 1998 Geborenen und stellen alte Strukturen der Arbeitswelt in Frage. Sie wollen nicht nur für ihre Arbeit leben, sondern auch für ihre Familie und Freunde. Es geht ihnen im Beruf weniger um Prestige und Positionen als um die Freude an der Aufgabe und ein nettes Miteinander, wie sie die ZEIT definiert. Auszeit, Gleitzeit und die Möglichkeit der Heimarbeit wird immer häufiger erwartet. Aufgrund des Mangels an gut ausgebildeten Fachkräften gehen immer mehr Firmen auf ihre Wünsche ein. Einige Unternehmen engagieren dafür extra einen „Feelgood-Manager“. Dieser kümmert sich um neue Mitarbeiter, achtet darauf, dass alle „Feedback“ zu ihrer Arbeit bekommen und organisiert gemeinsame Veranstaltungen, wie Kochabende, Kino- oder Konzertbesuche. Das sei auf die Dauer aber auch keine Lösung erklärt Marco Nink: „Das schraubt bloß die Ansprüche höher und höher, und am Ende geraten sich hoch bezahlte Akademiker wegen der Auswahl der Reissorten beim Kantinenessen in die Haare.“ Ein angemessenes Gehalt sei wichtig, schaffe aber kein Glück. Denn die Euphorie einer Gehaltserhöhung verpuffe schnell und diene nicht als dauerhafte Motivation. Wichtiger sei Zuwendung. „Wenn Angestellte sich ernst genommen fühlen, eigenverantwortlich und innerhalb gewisser Freiräume arbeiten können, sind sie kreativ“, weiß Marco Nink.

„Work-Life-Balance ist Bullshit“

Der Hamburger Kongress „Work in Progress“ widmete sich in diesem Jahr dem Thema „Gute Arbeit.“. Dort wurde unter anderem der Dualismus von Arbeit und Leben in Frage gestellt. Buchautor Thomas Vašek vertrat zum Beispiel den Standpunkt, dass Arbeit zu einem gelingenden Leben gehöre und ein Wert an sich sei. „Das Gerede von Work-Life-Balance ist Bullshit – eine leere Formel, die uns suggerieren soll, dass das wahre, das gute Leben erst nach Feierabend beginnt. Work-Life-Balance ist Opium fürs Arbeitsvolk. Sie soll die arbeitenden Menschen ruhigstellen, sie kompensieren für schlechte Jobs, die sie nicht weiterbringen im Leben.“ Laut Thomas Vašek trägt gute Arbeit zur Entfaltung unserer Fähigkeiten bei – und damit zu einem guten Leben. Dieses bestätigt auch der Engagement Index. „Defizite im Arbeitsumfeld durch schlechte Führung wirken sich aber nicht nur negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen aus, sondern auch auf die Mitarbeiter selbst.“, erklärt Marco Nink. 42 % der emotional ungebundenen Mitarbeiter haben in den letzten 30 Tagen drei oder mehr Tage gehabt, an denen sie sich auf Grund von Arbeitsstress schlecht gegenüber ihrer Familie oder ihren Freunden verhalten haben. Von den motivierten Mitarbeitern, den emotional Hochgebundenen, waren es hingegen nur 13 %. Dass ein Unternehmen durchaus auf die Wünsche seiner Mitarbeiter eingehen kann, beweist zum Beispiel Jimdo, ein Start-up mit Sitz in Hamburg, das Webseiten-Baukästen anbietet. Urlaubstage müssen nicht vom Chef genehmigt, sondern mit dem jeweiligen Team abgesprochen werden. Genauso läuft es auch mit dem Home-Office und den Arbeitszeiten. Ist dieses Modell ein Wegweiser für eine neue Arbeitskultur? Das bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall zeigt es, dass sich Arbeit und Privatleben miteinander vereinbaren lassen, vorausgesetzt Unternehmen und Mitarbeiter sind bereit sich auf etwas Neues einzulassen.

Quellen:

Gallup Engagement Index 2013

DIE ZEIT , 3. April 2014, Nr. 15: S. 23 „So wollen wir arbeiten“ und S. 73 „Die sind auch mal weg“

K+N City News „Zwischen Lust und Last“

Spiegelonline „Die Trennung von Arbeit und Leben ist Bullshit“

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