Neue Arbeitskultur oder Dominanz alter Verhaltensweisen?

Fortsetzung der „New Work Order“-Studie

„Eine neue Arbeitskultur wird erst dann Einzug in die Unternehmen halten, wenn die Vertreter der Generation Y in gehobene Positionen kommen“, vermutet Birgit Gebhardt, Trendforscherin und Buchautorin aus Hamburg. Sie analysiert derzeit Unterschiede und Gemeinsamkeiten der drei Arbeitnehmergenerationen „Baby Boomer“ (bis1964 Geborene), „Generation X“ (Jahrgänge 1965 – 1978) und „Generation Y“ (Jahrgänge 1979 – 1999). Die Ergebnisse werden im Rahmen des 3. Symposiums „Büro. Raum. Trends.“ am 17. Oktober 2013 in Köln vorgestellt.

Schon im vergangenen Jahr nahm Birgit Gebhardt, im Auftrag des bso Verband Büro-, Sitz- und Objektmöbel aus Wiesbaden, den Wandel der Büroarbeit unter die Lupe. Mit ihrem Team im Trendbüro Hamburg veröffentlichte sie die Ergebnisse einer intensiven Datenrecherche und zahlreiche Interviews in einer Dokumentation mit dem Titel „New Work Order – Aufbruch in eine neue Arbeitskultur“. Nun setzt sie diese Arbeit – ganz im Sinne einer veränderten Arbeitskultur – als selbstständige Trendforscherin fort.

„Die ursprüngliche Studie hatten wir beauftragt, weil wir wissen wollten, wie neue Kommunikationsformen die Arbeit der Zukunft verändern, welche Rolle gemeinsame Werte spielen und wie sich der Arbeitsort Büro verändert. Jetzt wollen wir genauer analysieren, wie wir den Prozess des Wandels unterstützen können“, erläutert Hendrik Hund, Vorsitzender des bso, das erneute Engagement des Branchenverbandes. Ansatzpunkte dazu dürfte es zuhauf geben, „denn“, so Gebhardt, „in den Unternehmen trifft eine veränderungswillige Nachwuchsgeneration auf ältere Kollegen, die für sich selbst hoffen, den erreichten Status quo bewahren zu können, und doch die Weichen für eine neue Arbeitskultur stellen müssen“.

Was die mittleren und älteren Arbeitnehmergenerationen, die heute die Mehrzahl der Schlüsselpositionen in den Unternehmen besetzen, bewegt, zeigt eine im August 2013 veröffentlichte, repräsentative Befragung des Allensbacher Instituts. Ganz oben auf der Wunschliste der heute 30- bis 59-jährigen Bundesbürger stehen Gesundheit, glückliche Partnerschaft, gute Freunde und finanzielle Sicherheit. Angst macht ihnen zum Beispiel die Vorstellung, den eigenen Lebensstandard im Alter nicht halten zu können oder berufsunfähig zu werden. Immerhin: Ihre Arbeitsstelle halten über 90 Prozent der befragten Vertreter der Generation X und der Baby Boomer für sicher. Die meisten sind schon zehn Jahre oder länger beim selben Arbeitgeber und wollen dort auch bleiben.

So viel Konstanz dürfte zumindest den gut ausgebildeten Vertretern der Generation Y ziemlich befremdlich erscheinen. Constanze Buchheim, Gründerin und Geschäftsführerin der i-potentials GmbH, die sich auf Recruiting und Führungslösungen für Unternehmen der digitalen Wirtschaft spezialisiert hat, erlebt täglich, wie weit Vorstellungen und Ziele jüngerer Arbeitnehmer von denen ihrer älteren Kollegen entfernt sind. Im Interview mit Birgit Gebhardt berichtet Buchheim, die selbst zur Generation Y gehört, dass die durchschnittliche Verweildauer der jungen Berufseinsteiger in den Startup-Unternehmen der digitalen Wirtschaft bei gerade einmal 1,5 Jahren liegt. Selbst meist hoch motiviert und extrem leistungsbereit, erwarten sie von ihren Arbeitgebern ein Umfeld, in dem sie sich weiterentwickeln können und in dem sie persönliche Wertschätzung erfahren. Ist das nicht mehr gegeben oder bietet sich eine bessere Alternative, sind die meisten unter ihnen zu einem schnellen Wechsel bereit. Ähnliche Erfahrungen hat auch Christoph Fellinger, Leiter des Talent Relationship Management bei der Beiersdorf AG und Autor des Blogs „Recruiting Generation Y“, gemacht. Die Loyalität der Nachwuchskräfte gilt demnach weniger den Unternehmen und Institutionen als vielmehr Interessens- und Wertegemeinschaften. Von ihren Vorgesetzten erwarten sie in erster Linie eine offene Kommunikation, regelmäßiges Feedback und eine hohe fachliche Kompetenz.

Einen weiteren grundlegenden Unterschied zwischen den Generationen hatten Birgit Gebhardt und ihr Team bereits in der Grundlagenstudie zu dem „New Work Order“-Projekt herausgearbeitet: Die Generation Y ist es gewohnt, dass Informationen immer verfügbar sind. Was interessant scheint, wird ganz selbstverständlich mit anderen geteilt. Dass ältere Kollegen oder Vorgesetzte ihr Wissen nicht so selbstverständlich teilen, wird von vielen Berufseinsteigern als unkollegiales „Silodenken“ wahrgenommen. Constanze Buchheim empfiehlt deshalb Unternehmern und Führungskräften, die Unterschiede im Werte-Set der unterschiedlichen Generationen stärker zu berücksichtigen und die Arbeitnehmer zu möglichst gleichen Anteilen in Kleingruppen zu mischen.

Hier sieht der bso neben den Führungskräften auch die Büroeinrichtungsbranche gefordert. „Die ‚New Work Order’-Studie hat deutlich gemacht, dass das Büro künftig in erster Linie ein Ort der Kommunikation und Identifikation sein wird. Durch eine gute Gestaltung können wir allen Arbeitnehmergenerationen Wertschätzung signalisieren, den Jungen Lust auf ein Unternehmen machen und den Älteren Sicherheit vermitteln“, so die Überzeugung von Hendrik Hund. In der Sache sieht das wohl auch Constanze Buchheim so. Sie spricht allerdings, anders als die Branchenvertreter, nicht von Kommunikationszonen, Rückzugsräumen, Design oder akustischer Planung, sondern kurz von „all dem ‚Schischi“, der zu einer Arbeitgebermarke gehört und den es für ein gemeinsames Commitment braucht.

Wie weit Unternehmen auf dem Weg zu diesem gemeinsamen Commitment sind oder ob sie doch eher in alten Verhaltensweisen verharren, ermitteln Birgit Gebhardt und der bso derzeit im Rahmen einer telefonischen Befragung von Personalverantwortlichen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Auch die Frage, wie viele Vertreter der Generation Y bereits Führungsverantwortung übernommen haben und ob sich daraus Veränderungen für die Unternehmen ergeben, steht auf der Frageliste der Interviewer. Die Ergebnisse dieser quantitativen Befragung und zusätzlicher Experteninterviews wird Birgit Gebhardt am 17. Oktober 2013 im Rahmen des 3. Symposiums „Büro. Raum. Trends. – 3 Generationen im Office“ in Köln vorstellen. Veranstalter ist die Koelnmesse. Neben der deutschen Trendexpertin geben unter anderem der niederländische Trendforscher Carl Rohde und Christoph Fellinger Einblicke in die Materie. Anhand der Beispiele Vodafone, Düsseldorf, und SAP, Walldorf, wird gezeigt, wie Unternehmen den Wandlungsprozess beschreiten und wie sie dafür ihre Bürogebäude verändert haben.

Ausführliche Informationen zum Symposium und Anmeldung unter www.orgatec.de/de/orgatec/symposium/index.php

Ihr neues Büro finden Sie auch hier.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert