Stuttgarter Markt lebt zu sehr vom Büroflächenbestand

Der Bürovermietungsmarkt zeigt sich laut Jones Lang LaSalle (JLL) im ersten Halbjahr 2011 in guter Verfassung. Sandro Camilli, Leiter des Stuttgarter Büros von Jones Lang LaSalle: „Bei leicht steigenden Spitzenmieten beobachten wir eine gute Flächennachfrage. Die Marktentwicklung wird jedoch nach wie vor durch den Stillstand auf der Projektentwicklungsseite gehemmt. Obwohl im ersten Halbjahr zwei erfolgreiche Projektvermietungen zu verzeichnen sind, lebt der Markt überwiegend vom Bestand. Alles hängt nun davon ab, die gute Flächennachfrage zu nutzen, um anstehende Projekte zu Objekten zu machen. Der Nachfragedruck steigt und wir sind zuversichtlich, im zweiten Halbjahr weitere Projekte zum Fliegen zu bringen.“

Büroflächenumsatz

Der Flächenumsatz liegt im ersten Halbjahr 2011 bei rund 118.800 m². Dies entspricht laut Camilli einer Steigerung von kanpp 90  % zum Vorjahreszeitraum. Für das Gesamtjahr prognostiziert JLL einen leicht über dem Vorjahr liegenden Flächenumsatz von rund 200.000 m². Für die größte Vermietung in den ersten sechs Monaten sorgte die AOK im Teilmarkt Stuttgart-Nord. Insgesamt notiert JLL für das erste Halbjahr sieben Vermietungen mit mehr als 5.000 m² Fläche. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2010 gab es keine Vermietung dieser Größenordnung, im Gesamtjahr 2010 lediglich fünf. Insgesamt dominieren kleinflächige Vermietungen das Marktgeschehen. Rund 70 Prozent aller ermittelten Deals entfallen auf das Segment unter 500 m².

Leerstand

Die Leerstandsquote inklusive Untermietflächen beziffert JLL im zweiten Quartal 2011 mit 7,0 Prozent. Im Vergleich zum ersten Quartal und vierten Quartal 2010 (je 7,1 Prozent) bedeutet dies eine leichte Verbesserung. Zum Jahresende rechnet das Maklerhaus allerdings mit einem Anstieg der Leerstandsquote auf 7,5 Prozent. Die umsatzstärksten Branchen sind Industrie und unternehmensbezogene Dienstleistungen mit 16 bzw. 15 Prozent, Versicherungen (14 Prozent) sowie Telekommunikation (11 Prozent). Insgesamt repräsentieren die genannten Branchen annähernd 60 Prozent des gesamten Umsatzvolumens.

Büromieten

Die Spitzenmiete ist im zweiten Quartal nach einer längeren stabilen Phase wieder leicht gestiegen und erreicht derzeit bis zu 18,00 Euro/m²/Monat. Insgesamt wurde die überwiegende Mehrzahl der Vermietungen im ersten Halbjahr in der Preisspanne zwischen 10 und 15 Euro/m² abgeschlossen. Camilli: „Im Unterschied zum gesamten Vorjahr können wir für das erste Halbjahr 2011 immerhin drei Vertragsabschlüsse oberhalb von 20 Euro/m² notieren. Wir halten den leichten Anstieg der Spitzenmiete vor diesem Hintergrund für nachhaltig und erwarten bis zum Jahresende stabile Werte um 18 Euro/m².“

Fertigstellungen

Bei den Fertigstellungen sind im zweiten Quartal das Step 8.2 (2.300 m²) in Vaihingen und das Theo 10 (2.000 m²) in der City zu verzeichnen. Bereits im ersten Quartal konnten Das Quadrat (10.300 m²) und das Gallion Haus (3.000 m²) abgeschlossen werden. Insgesamt beläuft sich die Neufläche im ersten Halbjahr auf rund 20.000 m². Camilli: „Bis zum Jahresende kommen noch rund 80.000 m²Bürofläche auf den Markt. Knapp ein Fünftel davon ist noch frei.“

Und sonst noch:

Die politischen Rahmenbedingungen tragen derzeit nicht unbedingt zu einer Belebung des Immobilienmarktes bei. Jüngstes Beispiel ist das Stuttgarter Innenentwicklungsmodell SIM. Bei allen Bauvorhaben im Bereich der Stuttgarter City und Stadtteilzentren soll künftig ein Wohnanteil von mindestens 20 Prozent realisiert werden. Innerhalb dieses Wohnanteils einer Büro- oder Einzelhandelsimmobilie sollen zudem 20 Prozent geförderter Wohnraum entstehen. Camilli: „Prinzipiell sind Maßnahmen gegen die Verödung der Innenstädte zu begrüßen. In München oder London gibt es vergleichbare Regelungen. Allerdings erlauben die dortigen Wohnungspreise eine Kompensation, die Stuttgart nicht bieten kann. SIM erinnert an den Versuch ‚den Wind zu verbieten’. Der Markt kann die Versäumnisse der Städtebaugesellschaften, die ihrer eigentlichen Aufgabenstellung in der Vergangenheit nicht immer gerecht geworden sind, nicht alleine auffangen. Sinnvoller als Zwangsvorschriften wäre aus unserer Sicht eine Flexibilisierung des Marktes, die Büro und Wohnimmobilieninvestitionen besser aufeinander abstimmt.“

Auch die anhaltenden Diskussionen um Stuttgart 21 bleiben nicht ohne Auswirkungen auf die Marktentwicklung. Camilli weiter: „Im Sinne der Rechtssicherheit sollten demokratisch legitimierte Verträge nicht gebrochen werden. Aus Immobiliensicht spricht ein entscheidendes Argument für das Projekt. Die durch ihre Kessellage in ihrer Entwicklung eingeschränkte Stadt gewinnt durch den Wegfall der Schienenfläche neue Handlungsmöglichkeiten. Das Vorhaben steht für die größte Konversionsfläche in Westeuropa. Stuttgart hat die einmalige Chance, das Wohnen und Arbeiten der Zukunft neu zu definieren.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert